BBG 2022

18.10.2021

Aktuelles 2021 bAV Fachwissen

Sinkende BBG 2022 = reduziertes Fördervolumen bAV & Basisrente

Hintergrund

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat den Referentenentwurf für die Rechengrößen in der Sozialversicherung 2022 vorgelegt. Bundesregierung und Bundesrat hatten diesem in der Vergangenheit immer ohne Änderung zugestimmt. Update 20.10.: Das Kabinett hat die Verordnung über die Sozialversicherungsrechengrößen 2022 endgültig beschlossen.

Die Berechnungsgrundlage dieser Beitragsbemessungsgrenzen (BBG) findet sich in § 159 SGB VI. Da die Bruttolöhne 2020 je Arbeitnehmer im Westen Deutschlands pandemiebedingt zurückgingen, soll die allgemeine BBG für die gesetzliche Rentenversicherung in den alten Bundesländern von jährlich 85.200 € / monatlich 7.100 € in 2021 auf 84.600 € / 7.050 € in 2022 erstmals in ihrer Geschichte zurückgehen. 

Auswirkungen auf die bAV

Gutverdiener in den westlichen Bundesländern müssten demnach etwas weniger Abgaben zur gesetzlichen Rentenversicherung zahlen. Doch der West-Wert ist bundeseinheitlich auch maßgeblich für die betriebliche Altersversorgung (bAV), sodass deren - im folgenden aufgeführte - Förderung im Zuge der BBG-Absenkung leicht fällt.

Förderung der bAV

Die Beiträge, die in eine Pensionskasse (oder in einen anderen versicherungsförmigen Durchführungsweg, sprich Direktversicherung und Pensionsfonds) zum Aufbau der persönlichen Vorsorge fließen, werden nämlich bis zu folgenden Prozentsätzen gefördert. Multipliziert mit der BBG in der gesetzlichen Rentenversicherung West sind:

(Beiträge, für die die Pauschalbesteuerung nach § 40 b EStG a.F. (bis 31.12.2008) in Anspruch genommen wird, sind von diesen 8 % abzuziehen.)

2021: 85.200 € / 7.100 * 8 % = 6.816 € / 568 €

2022: 84.600 € / 7.050 * 8 % = 6.768 € / 564 €

(Das heißt, sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber sparen den auf den Pensionskassenbeitrag entfallenden Beitrag zur Sozialversicherung.)

2021: 85.200 € / 7.100 * 4 % = 3.408 € / 284 €

2022: 84.600 € / 7.050 * 4 % = 3.384 € / 282 €

Auswirkungen in der Praxis

  • Kommunikations- und Informationsbedarf zwischen Arbeitgeber – Arbeitnehmer – Pensionskasse

Arbeitgeber müssen …

... das Absinken der BBG auf arbeitsrechtlicher Ebene begleiten.

Die arbeitsvertraglichen Zusagen, Versorgungsordnungen und Entgeltumwandlungsvereinbarungen müssen geprüft werden (z.B.: Besteht eine Beschränkung auf 4 % oder 8 % der BBG? Ist grundsätzlich die Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit der Beiträge fixiert?). Personaler haben die betroffenen Arbeitnehmer aufzuklären und – bei arbeitnehmerfinanzierter bAV – die entsprechenden Umwandlungsvereinbarungen zu reduzieren. Außerdem muss eine Umsetzung im Abrechnungssystem der Lohnbuchhaltung erfolgen.

... die notwendigen Schritte mit dem Versorgungsträger vereinbaren.

Versorgungsträger müssen die Senkung z. B. auf der versicherungsvertraglichen Ebene mit einer Vertragsänderung begleiten. Die Pensionskasse der Caritas erhebt keine zusätzlichen Verwaltungskosten für diesen Vorgang.  

… die sinkende BBG tangiert konkret folgende Fälle:

  • Versicherungsförmiger Versorgungsträger (Pensionskasse, Direktversicherung, Pensionsfonds)

1. Arbeitnehmer und Arbeitgeber nutzen den sozialversicherungsfreien Höchstbetrag von 4 % der BBG 2021 voll aus und mindern den Beitrag auch 2022 nicht = jährlicher Beitrag von 3.408 €.

a) Arbeitnehmer verdient unterhalb der BBG

Wird der Beitrag 2022 nicht reduziert, fallen für 24 € jährlich bzw. 2 € monatlich Sozialabgaben an und werden auch in der Rentenphase verbeitragt,

=> d.h. es kommt zur Doppelverbeitragung.

=> Mit der Minderung der Sozialversicherungsersparnis sinkt auch der gesetzlich zu gewährende Arbeitgeberzuschuss gem. § 1a BetrAVG.

b) Arbeitnehmer verdient oberhalb der BBG: Das Absenken der BBG hat keinerlei Auswirkungen. 

2. Arbeitnehmer wandelt 8 % der BBG 2021 um, bei einem Verdienst oberhalb der BBG gesetzliche Rentenversicherung West. Der jährliche Beitrag beträgt also 6.816 €. Wird der Beitrag 2022 nicht gesenkt, werden 4 € des Beitrages nicht mehr steuerlich gefördert.

  • Tarifvorrang:

Bei explizierter Nennung der 4 % Grenze in Tarifverträgen darf nicht mehr umgewandelt werden (§ 20 I BetrAVG).

  • Unterstützungskasse und Pensionszusage (unmittelbare Versorgungszusage)

Im Falle der arbeitnehmerfinanzierten bAV / Entgeltumwandlung ist der maximal sozialversicherungsfreie Beitrag ebenfalls auf 4 % der BBG beschränkt (§ 14 Abs. 1 S. 2 SGB IV).

=> D.h. auch hier besteht das Risiko einer Doppelverbeitragung (wenn Arbeitnehmer Verdienst unterhalb der BBG liegt).

=> Außerdem wirkt sich die Senkung der BBG auf den Insolvenzschutz aus: Entgeltumwandlungen, die über die 4 % der BBG hinausgehen, sind erst zwei Jahre nach der Umwandlung gegen eine Arbeitgeberinsolvenz geschützt.

=> Speziell bei der rückgedeckten Unterstützungskasse führen sinkende Beiträge gemäß § 4 d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 1 c) S. 2 EStG grundsätzlich zu einer Versagung des Betriebsausgabenabzugs, es sei denn die Verminderung der Beiträge beruht auf einer Änderung der Zusage oder Reduzierung der Entgeltumwandlung.

Außerhalb der bAV: Basisrente

Auch der Höchstbetrag, den Sparer (insb. Selbstständige und Freiberufler) für die Basis /"Rürup"versorgung nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG ansetzen können, sinkt 2022, weil er sich - multipliziert mit dem zugehörigen Beitragssatz - aus der BBG für die Rentenversicherung der Knappschaft (West) berechnet (§ 10 Abs. 3 S.1 EStG).

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